de-demolition (naked building)
Skulptur von Arturo Hernández Alcázar, 2016
Massive, bewehrte Betonwände ragen auf dem Vorplatz der Landesberufsschule Amstetten bis zu sieben Meter in die Höhe. Sie bilden einen begehbaren Raum und sind dennoch nicht einladend im herkömmlichen Sinn. Keine perfekt glatten Wände, keine geschlossenen Ecken, kein schützendes Dach, sondern überall die Spuren von Verfall und Zerstörung: abblätternder Verputz, ausgeschlagene Kanten und die Sichtbarkeit der sonst verborgenen metallenen Tragekonstruktionen.
Konkret stammen die Teile der trotz offensichtlicher Zerstörungsanzeichen imposanten Skulptur von einer 2015 abgerissenen Messehalle in Wieselburg. 1971 wurde diese in der damals beliebten Bauweise aus massiven Betonelementen und Säulen errichtet und nur 40 Jahre später wieder abgerissen. Die Rücksichtslosigkeit in Hinblick auf Materialverbrauch sowie die Kurzlebigkeit sind für den mexikanischen Künstler Arturo Hernández Alcázar charakteristische Dynamiken des Neoliberalismus: Dieser funktioniert nur, solange beständig neu gekauft, neu gebaut und produziert wird und alles "Alte" (im Fall der Messehalle 40 Jahre) diesem Kreislauf Platz macht.
Damit ist das Kernelement der Arbeitsweise und der thematischen Auseinandersetzung von Arturo Hernández Alcázar angesprochen: Alles vom Menschen Gebaute trägt bereits den eigenen Zerfall in sich. Damit löst sich auch das scheinbare Paradox – der Bau einer Ruine – auf. Denn im Gegensatz zu neu errichteten architektonischen Bauten, wie hier in Amstetten die Landesberufsschule, führt die Installation des Künstlers den Betrachter*innen die bereits im Material schlummernde Zukunft vor Augen.
Die Idee der "Kunstruine" ist nicht neu. Vor allem während der Romantik waren künstliche Ruinen in Landschaftsgärten sehr beliebt, um die Vergänglichkeit des Menschen zu veranschaulichen. Anders sind allerdings die Drastik und Direktheit, mit der Alcázar diesen Ansatz in seine Arbeit integriert. Der Künstler bedient sich dieser provozierenden Umsetzung, um eindringlich zu veranschaulichen, dass alles, was der Mensch produziert, schafft und erbaut, nicht einfach mit der Zeit wieder verfällt und verschwindet, sondern meist ganz gezielt vom Menschen zerstört wird. Nicht immer nur, um Neuerem und Schönerem oder Besserem Platz zu machen, sondern häufig aus rein ökonomischen Interessen, zur Gewinnmaximierung oder auch aus kriegerischen Interessen.
Das Projekt entstand in Zusammenarbeit mit Kunst im öffentlichen Raum Niederösterreich. www.koernoe.at
Weiterführende Informationen unter http://perspektivenaufkunst.net.
Arturo Hernández Alcázar
*1978 in Mexico City, lebt in Mexiko City. 1996–2001 Studium der Visuellen Künste, La Esmeralda, Mexico City. 1996–1998 Seminare der Philosophie und Literatur am UNAM, Centro de la Imagen. Seit 2012 Mitglied der Sommerakademie Zentrum Paul Klee, Bern, Schweiz. Zahlreiche Ausstellungen, u. a.: Einzelausstellung in SWAB, Barcelona (2015), Museo de Arte Moderno, Mexico City (2013), V. Biennale, Moskau (2013), X. Biennale, Istanbul (2007). www.arturohernandezalcazar.com